Wenn Bahn-Deutsch auf Juristen-Deutsch trifft

Mehmet unterstützt eine Kollegin in rechtlichen Fragen. (c) DB Netz AG

Jura und Bahn? Nicht gerade die erste Assoziation, die einem in den Kopf kommt, wenn man an Deutschlands größtes Infrastrukturunternehmen denkt. Wie also passen Rechtswissenschaften und eines der größten Infrastrukturprojekte Bayerns, die Ausbaustrecke München-Mühldorf-Freilassing, zusammen? In der Tat dreht sich im Tagesgeschäft des Großprojekts ABS 38 das meiste um technische Dinge. Es werden Berechnungen für den exakten Verlauf des zweiten Gleises aufgestellt, die Beschaffenheit des Bodens analysiert oder erste Pläne für die Elektrifizierung der Strecke entworfen. Mitten in dieses Team aus Ingenieuren kam Mehmet vor über anderthalb Jahren, um das Team der ABS 38 in rechtlichen Fragen zu unterstützen. Doch wie kommt ein Jurist in ein technisches Großprojekt wie die ABS 38 und was tut er dort?

Vor seinem Jurastudium absolvierte Mehmet bereits eine Ausbildung zum Elektroinstallateur. „Technik fand ich schon immer spannend und da habe ich einen Job gesucht, in dem ich beides miteinander verbinden kann“, so der Jurist. Die Stelle als Einwendungs- und Auflagenmanager bei der ABS 38 fand er deshalb gleich interessant. Das Einwendungsmanagement ist Teil des sogenannten Planfeststellungsverfahrens. Im Zuge des Anhörungsverfahrens können u.a. Bürger ihre schriftlichen Einwendungen in das Vorhaben einbringen. Alle Einwendungen werden von der DB Netz AG beantwortet. Um die Qualität der Anfragen sicher zu stellen, gibt es Mitarbeiter, wie Mehmet, die im Einwendungsmanagement arbeiten.

Da er keine klassische Juristenlaufbahn in einer Kanzlei anstrebte, bewarb sich Mehmet nach seinem Referendariat und dem zweiten Staatsexamen auf die Stelle als Einwendungs- und Auflagenmanager bei der ABS 38. „Allerdings bin ich gerade eher für alle rechtlichen Fragen innerhalb des Großprojekts zuständig, weil wir ja noch relativ am Anfang der Planungen sind. Da gibt es noch keine Einwendungen“, erklärt Mehmet. In Zusammenarbeit mit dem Rechtsdienst der Deutschen Bahn unterstützt er die Projektleiter und Ingenieure der ABS 38 bei Stellungnahmen zu Anfragen von Bürgern oder Gemeinden und anderen rechtlichen Fragen. In die Rechtsgebiete mit denen Mehmet nun täglich zu tun hat, vertieft er sich nach und nach. „Im Studium liegt der Fokus hauptsächlich auf Rechtsgebieten, wie Zivilrecht und dem Öffentlichen Recht. Das Hauptaugenmerk im Öffentlichen Recht liegt dabei insbesondere auf Materien wie dem allg. und dem bes. Verwaltungsrecht sowie dem Verfahrensrecht. Jetzt beschäftige ich mich aber v.a. mit eisenbahnspezifischem Öffentlichen Recht wie u.a. dem Eisenbahnkreuzungsrecht. Diese höchst fachspezifischen „Rechtsgebiete“ spielen im zeitlich eng getakteten Studium lediglich eine sehr marginale Rolle“, so der studierte Jurist. Er arbeitet daher sehr eng mit der Rechtsabteilung der Deutschen Bahn in München und Frankfurt zusammen und dient als Schnittstelle des Projektes zu diesen Kollegen. Dort gibt es für jeden Rechtsbereich einen Experten, der Mehmet, wie auch den anderen Mitarbeitern bei der DB, in allen rechtlichen Fragen und beim Verfassen von Stellungnahmen (beratend) zur Seite steht.

„Gefühlt bin ich immer noch in der Einarbeitungsphase“, erzählt er, „zum einen sind da die ganzen bahnspezifischen Rechtsbereiche, in denen ich meine Kenntnisse vertiefen muss, zum anderen ist insbesondere der Fachjargon der Ingenieure eine Herausforderung.“ Mehmet nimmt regelmäßig an Planungsrunden der Projektingenieure teil, um immer den aktuellen Planungsstand zu kennen. Aber selbst nach mehr als anderthalb Jahren fallen in diesen Runden immer noch spezifische Fachbegriffe, die er noch nicht gehört hat. „Man lernt hier nie aus, aber das ist auch das spannende“, so der 34-Jährige.